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Einkaufstrends in erwartungsfroher Elternschaft

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Bitte lass nicht Cindy aus Marzahn da drin sein! Sonst sind Geburten aber schon ein freudiges Ereignis.(Foto: helenesouza.com/pixelio.de)

Einkaufsgewohnheiten werdender Mama-Papa-Paare beleuchtet erstmals eine „ethnografische Untersuchung zu vorgeburtlichen Elternschaftspraxen“. Sterile Untertitel wie diese lähmen zwar jegliche Lust am Weiterlesen. Eine preisgekrönte Arbeit wird aber wohl zukunftsweisendes Wissen vermitteln – hier über Trends im Babykommerz, während der Nachwuchs im Bauch noch natürlich Bedürfnisse befriedigt bekommt. Erschütternde Erkenntnis der Premieren-Forschung: Der gemeinsame Einkauf fürs kommende Kind ist unter Eltern in spe massenhaft verbreitet, quasi alltäglicher Geburtsvorbereitungskurs (GVK) und als Triebtätigkeit ein beliebtes „Paarprojekt“, das oft sogar noch unterstützt wird durch prekäre Personen wie großzügige Großeltern. Kaufkraft mit Nebenwirkungen. Denn vermutlich verursachen diese Horden schlimme Staus, legen flächendeckend ganze Shopping-Zonen lahm und hinterlassen hilflose, angeblich starke Geschlechter, die gestresst und geschunden anschließend ins Männerhaus gehören.

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Scheidungsgrund Nummer eins? Schuhe für Mütter und Töchter verschlingen mitunter Milliarden. (Foto: helenesouza.com/pixelio)

Abschreckendes Gedankenbild, wie so ein Grüppchen freudig erregt durch die Gänge zwischen den Regalen eiert. Einzig der Gesichtsausdruck, den der potenzielle Vater bzw. Opa womöglich mit sich herumträgt, vermag uns ein Schmunzeln abzuringen. Oder macht der moderne Mann heute gute Miene zum öden Spiel? Andererseits: Gebührt nicht jedem braven Babykümmerer selbst im Quartett ein sattes Begrüßungsgeld? Die Zahl der Geburten in Deutschland schmiert ab in den Keller, ist nicht mal mehr halb so groß wie in Spitzenzeiten und sieht unser Land in vielen Statistiken zu Zucht und Hege auf letzten Plätzen. Von einst 1,4 Millionen auf nur noch 680.000 Geburten sank die Vermehrung. Zuwanderung will der Stammtisch nicht. Alte bis 80 oder mehr Jahre arbeiten lassen findet vorerst keine Mehrheit. Ohne neuerlichen Babyboom bleibt Binnennachfrage dürftig.

Geld allein erkauft jedenfalls keine glücklichen Eltern. Umgekehrt scheint mir der vielfach bemühte Ruf nach Vater Staat oder Mutter Erde auch ungeeignet für ein Hoch in vollbrachter Fruchtbarkeitsplanerfüllung. Ob unsere Gesellschaft angesichts allgemeiner Verunsicherung – durch psychische Zumutungen zwischen zuerst befristeten Arbeitsverträgen ohne planbare Perspektive  und später Scheidungsgefahren mit teuren Konsequenzen – nur noch ein Klima der Kälte für Egoisten, aber keinen Platz mehr für die Zielgruppe und damit für Kinder bietet? Uschi von der Leyen hat da als ehemalige Bundesfamilienministerin auch keine blühenden Landschaften hinterlassen und als Verteidigungsministerin bei der Bundeswehr zur Strafe verbranntes Feld vorgefunden.

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An der langen Leine lassen Frauen ihre Männer nicht beim Babykommerz – jetzt wissenschaftlich bewiesen. (Foto: Alexandra H./pixelio)

„Wenn Eltern für ihr Baby einkaufen“, kann man was erleben, möchte man den Titel fortsetzen der Bachelor-Arbeit in Sozialer Arbeit der Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS), die im Bereich Frauen- und Geschlechterforschung mit dem „Henriette-Fürth-Preis“ des Gender- und Frauenforschungszentrums der Hessischen Hochschulen (gFFZ) ausgezeichnet wurde. Der umfangreiche Feldversuch bezog sich dabei auf „Geschäfte für Säuglings- und Kleinkindausstattung“ sowie auf „Flohmärkte für gebrauchtes Baby-Equipment“. Schön formuliert findet sich dort zum Unterschied von Männlein und Weiblein dies: „Auch wenn sich hierbei (beim Babykommerz; Anm. d. A.) typische Geschlechterasymmetrien nicht unbedingt klar und eindeutig zeigen und die jeweiligen Paarkonstellationen vielfältig sind, lassen sich zumindest gewisse Indizien für eine stärkere Expertisierung der Frauen ausmachen. Die werdenden Mütter wissen besser Bescheid bei den Baby-Requisiten sowie den Ausstattungserfordernissen und dominieren damit die Einkaufssituation.“ Wie die Autorinnen das wohl gemessen haben? Beispielhafte Vorschläge: Zahl der bösen Blicke, Häufigkeit der Strafversetzung von Vater und Opa im Spieleparadies, Ausfallquote von Eis zum Abschluss, Länge der Fernseh- und Fußballverbote.

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Mobile für Männerträume: höher gelegt, windschnittig im Design, praktischer Gepäckhalter (unten) und viele Extras.(Foto: Jörg Brinckheger/pixelio)

Für das „bislang kaum erforschte sozialwissenschaftliche Feld“ beleuchtete die wissenschaftliche Arbeit zudem die Bedeutung des Themas „Sicherheit“ für werdende Eltern. Differenziert dokumentiert wurde, welche „Gefährdungsängste die Freude auf das kommende Baby beeinflussen“ können, aber auch „wie kommerzielle Angebote diese Ängste aufgreifen“. Fazit: Moderne Elternverantwortung spiegele sich in Warenkonsum wider. „Gute Eltern“ zeichneten sich dadurch aus, dass sie kaufen „müssen“!? Die „Care-Aufgabe“ werde von Müttern und Vätern übernommen, wobei sich ein „– wenn auch nicht dramatischer (und überraschender) – mütterliche Kompetenzvorsprung und damit verbundener Dominanzanspruch“ abzeichne. Puh, kein Wunder, wenn Mann da kaum noch Bock auf Fortpflanzung hat. Oder hat hier auch die Frau einen Kompetenz- und Dominanzvorsprung? Immerhin: Insgesamt lasse sich der Babyausstattungskommerz „jedoch durchaus als Ort der Inszenierung egalisierter Elternschaft“ bezeichnen. Egalisierte Elternschaft – klingt wenig überzeugend und kaum verdächtig  nach Preisgeld. 500 Euro gab’s für die ausgezeichneten Forscherinnen trotzdem.

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Ein Korb für Kinder: nach dem pränatalen Einkauf bestens auch für andere Zwecke geeignet. (Foto: Alexandra H./pixelio.de)

 

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